Warum ist der Bär das Wappentier auf der Berner Fahne?

Ein schwarzer Bär mit roten Krallen ziert die Berner Fahne. Auch bei anderen Städten wie St. Gallen oder der deutschen Hauptstadt Berlin spielt der Bär als Wappentier eine Rolle. Aber wieso ist das so? Als Experten für Fahnen und Flaggen sind wir von Heimgartner immer daran interessiert, uns mit solchen Motiven zu beschäftigen.

Heraldik (Wappenkunde) und Vexillologie (Fahnen- oder Flaggenkunde) sind eng miteinander verbunden. Schliesslich teilen sich Fahnen und Wappen häufig Motive und Muster. Auch im Fall der Fahne von Bern ist das so. Denn der Bär ziert nicht nur die Fahne des Kantons Bern und die Fahne der Gemeinde Bern. Auch auf ihren Wappen ist er zu sehen.

Wie hängen die Geschichte der Stadt und die Berner Fahne zusammen?

Der Bär als Wappentier von Bern tauchte belegbar erstmals bereits im Jahr 1224 in offiziellen Siegeln der Stadt auf. Aus dem Jahr 1228 sind noch Münzen mit dem Bären als Motiv erhalten. Die Stadt selbst wurde gegen Ende des zwölften Jahrhunderts gegründet.

Als Stadtgründer gilt Berthold V. von Zähringen. Die Zähringer waren ein aus dem Breisgau stammendes Adelsgeschlecht. Berthold betrieb seinerzeit im heutigen Berner Oberland Siedlungspolitik, um den Einflussbereich seiner Familie zu vergrössern. Auch andere Städte und Gemeinden wie zum Beispiel Thun wuchsen unter Bertholds Anleitung.

Der Name Bern

Die Herkunft des Namens Bern ist nicht zweifelsfrei belegbar. Die am weitesten verbreitete Theorie deutet aber darauf hin, dass der Name und das Wappentier eng miteinander verknüpft sind. Berthold soll bei der Gründung der Stadt beschlossen haben, sie nach dem ersten in der Umgebung erlegten Tier zu benennen. Dabei handelte es sich um einen Bären.

Doch so schön diese Geschichte auch ist: Es deutet nach heutigem Forschungsstand einiges darauf hin, dass sie nicht wahr ist. Als wahrscheinlicher gilt eine Namensherkunft aus dem Keltischen. Man geht davon aus, dass dort der Ausdruck «berna» für die Bezeichnung bestimmter abgesteckter Gebiete genutzt wurde.

Weitere Varianten der Namensherkunft

• Der Namen soll auf das althochdeutsche Wort «berja» zurückgehen, das «schlagen» bedeutet.
• Der Name soll an das italienische Verona (Welschbern) angelehnt worden sein.
• Es soll in der Region bereits vor der Gründung von Bern einen Ort namens Brenodor gegeben haben.
• Berthold soll die Stadt nach dem Sagenhelden Dietrich von Bern benannt haben. Dieser verdankt seinerseits seinen Namen der Stadt Verona.

All diese Herkunftstheorien haben die Gemeinsamkeit, dass sie nicht hinreichend belegbar sind. So bleibt nach aktuellem Kenntnisstand die wahrscheinlichste Variante die Ableitung aus dem Keltischen.

Dennoch bleibt die Erkenntnis, dass der Bär als Hoheitssymbol schon früh in der Geschichte Berns belegbar ist. Die Gründungslegende scheint also bereits kurz nach der offiziellen Gründung der Stadt aufgekommen zu sein. Es ist wahrscheinlich, dass der Bär als Wappenfigur volksetymologisch nach dem Namen der Stadt entstand.

Seit wann gibt es die Berner Fahne und das Wappen?

Die ältesten deskriptiven Schriften zum Berner Wappen beschreiben noch, dass der Bär auf weissem beziehungsweise silbernem Grund abgebildet wurde. Das Banner der Stadt war damals zunächst noch schwarz. Ab dem 14. Jahrhundert bestand es aus einer roten und einer schwarzen Hälfte.

Vermutlich wurde der rote Teil infolge der verloren gegangenen Schlacht bei der Schlosshalde im Jahr 1289 ergänzt. Er steht für das vergossene Blut. Eine Variante der Geschichte lautet gar, dass das von den Bernern nach der Schlacht gerettete Banner wortwörtlich blutbefleckt war. Andere Quellen berichten dagegen, dass der Sieger, Herzog Rudolf II. von Österreich, die neue Farbgebung befohlen haben soll.

In jedem Fall gilt, dass die rote Farbe ab dem 14. Jahrhundert im Banner nachweisbar ist. Ab wann auch der Bär in das Fahnenmotiv aufgenommen wurde, ist nicht klar. Lange kann es aber nicht gedauert haben. Denn erste Beschreibungen der Fahne mit Bär tauchen ebenfalls noch im 14. Jahrhundert auf.

Auch der silberne beziehungsweise weisse Grund wurde aus dem Wappen übernommen. Das Motiv der Fahne sah damit bereits beinahe so aus, wie wir es heute kennen. Der silberne Rechtsschrägbalken auf rotem Grund, verziert mit einem schreitenden Bären, ist als Motiv in Beschreibungen aus jener Zeit belegt.

Wenig später wurde dann der silberne Grund in einen goldenen beziehungsweise gelben Untergrund umgewandelt. Der goldene Farbton sollte als Zeichen der Freiheit angesehen werden. Denn die Stadt Bern hatte bereits im 13. Jahrhundert die sogenannte Reichsfreiheit erlangt. Das bedeutete, dass die Stadt als Institution direkt dem Kaiser unterstellt und nicht Eigentum eines niederen Adligen war.

Welche Bedeutung hat der Bär allgemein als Wappentier?

Der Bär findet sich auch auf zahlreichen anderen Fahnen und Wappen, zum Beispiel im Wappen der Stadt St. Gallen. Aber auch in anderen Ländern ist der Bär ein beliebtes Wappentier – etwa in Russland, wo er viele Stadtwappen ziert. Auch die deutsche Hauptstadt Berlin ist für den Berliner Bären bekannt. In Grönland wiederum ist der Eisbär das Wappentier.

In vielen Fällen handelt es sich um sogenannte redende Wappen. Davon wird gesprochen, wenn das Wappentier einen direkten Zusammenhang mit dem Namen oder der Herkunft des Namens einer Stadt hat. Auch der Bär auf der Berner Fahne ist ein redendes Wappentier. Der Stier (Ur) im Wappen von Uri ist ein weiteres Beispiel dafür.

Um die Bedeutung des Bären in einem Wappen genauer zu untersuchen, ist zudem häufig der Blick auf die Details wichtig. So geht zum Beispiel der Bär im Wappen von St. Gallen aufrecht auf den Hinterläufen. Das wird als Zeichen für Aufbäumen und Widerstand angesehen.

Häufig sind Bären in Wappen zudem mit weiteren Gegenständen versehen. So steht zum Beispiel die Hellebarde, die der Bär im Wappen des oberbayerischen Ortes Haiming hält, für Kampfbereitschaft. Die Axt des Bären im Wappen der oberösterreichischen Gemeinde Eggerding deutet dagegen auf weniger heldenhaftes Verhalten hin. Sie markiert das Wappentier als Tanzbären.

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